Am Anfang des 21. Jahrhunderts

Freitag, Juni 20, 2008

Christoph Bertram über amerikanische Kriegspläne

Kann es sein, dass die neokonservativen Hardliner in USA und Israel wirklich ins Auge fassen, in Kürze den Iran anzugreifen - und das noch vor Beendigung von Bushs Präsidentschaft? So verrückt und irrational das angesichts des Desasters im Irak klingen mag, ausgeschlossen ist es nicht, wie u.a. Christoph Bertram in der Zeit (25/2008) berichtet.

Besser, als die iranischen "Gefahren" hinauf zu beschwören, wäre es hingegen, den Iran ins Boot der internationalen Gemeinschaft zu holen und langfristig durch Diplomatie und Austausch eine wechselseitige Annäherung zu erreichen. Auch wenn das mit der gegenwärtigen iranischen Regierung nur schwer vorstellbar erscheint: sie repräsentiert nur eine Minderheit der iranischen Gesellschaft, die jenseits der Atomfrage und martialischer Rhetorik ihr Kapital verspielt zu haben scheint. Es werden bessere Zeiten kommen!

Angriff zum Schutz der Uno?

Iran weigert sich beharrlich, im Atomstreit den Forderungen des UN-Sicherheitsrats nachzukommen. Die Regierung Bush könnte das als Kriegsgrund nehmen

In Berlin gibt es immer noch erstzunehmende Leute, die die Mitwirkung der Bundesrepublik an weiteren Sanktionen gegen Iran damit begründen, dass Amerika auf diese Weise in diplomatische Bemühungen eingebunden und Präsident Bush von einem Militärschlag gegen Teheran abgehalten worden wäre. Nun jedoch könnte umgekehrt aus weiteren Sanktionen ein Vorwand für Bush werden, in seinen letzten Amtsmonaten doch noch gegen Iran zuzuschlagen. Jenes Land, das er als größte Bedrohung für die Vereinigten Staaten ausgemacht hat.

Gerade fordern wieder einmal Amerika und in seinem Kielwasser die EU-Staaten von Iran, als Vorleistung jeglicher Verhandlungen die Anreicherung von Uran einzustellen. Wieder einmal wird im Verweigerungsfall mit neuen Sanktionen gedroht, wieder einmal fährt EU-Repräsentant Solana nach Teheran und kommt mit leeren Händen und hoffnungsvollen Sprüchen zurück. Und wieder einmal weist Iran die gewünschte Suspendierung seiner Urananreicherung als inakzeptabel zurück.

Fast könnte das inzwischen vertraute Ritual im Streit um das iranische Atomprogramm wie eine zwar nutzlose, aber unschädliche diplomatische Pflichtübung erscheinen. Nur leider ist George W. Bush noch sieben Monate im Amt. Und je höher die Chance ist, dass mit Obama ein Demokrat in das Weiße Haus einziehen könnte, desto größer wird für die Republikaner die Versuchung, wie schon bei den letzten beiden Präsidentschaftswahlen, den Wählern eine existenzielle Bedrohung amerikanischer Sicherheit vorzuspiegeln, der nur ein martialischer Kandidat der Republikaner gewachsen sei.

[...]