Grundeinkommen und Tätigkeit
Hannah Arendt sprach schon 1958 von dem absehbaren Ende der Arbeitsgesellschaft, da dieser zwangsläufig die Arbeit ausgehen werde (in The human condition, bzw. Vita activa). Fast 50 Jahre später können wir diesen Trend nur bestätigen - oder liegt es bloß daran, dass die Arbeit der industriellen Produktion mehr und mehr "ausgelagert" wird? Doch auch in Zeiten des Outsourcings gilt der langfristige globale Trend, dass Arbeit eher weniger wird. Dies kann wohl auch eine Verschiebung vom primären und sekundären hin zum tertiären Sektor nicht ganz auffangen.
Diese Situation kann man als Chance auffassen. Denn die Befreiung von der Arbeit gibt den Menschen endlich den notwendigen Raum für kreative, politische, geistige Tätigkeiten, zu denen ihnen vorher die Muße fehlte. Allerdings bedarf es natürlich einer materiellen Grundsicherung, die man deshalb von der Erwerbstätigkeit abkoppeln müsste. Der Vorschlag eines bedingungslosen Grundeinkommens, der derzeit von Vertretern verschiedener Parteien diskutiert wird, ist darum ein richtiger Schritt.
Die enge Anbindung menschlicher Identität an die Erwerbsarbeit muss deshalb wieder erweitert werden zu dem ganzen Spektrum der menschlichen Tätigkeit - mit einer neuen Betonung der politischen und geistigen Aspekte. Davon abgesehen würde das Grundeinkommen nicht nur die Behörden in erheblichem Maße von bürokratischem Aufwand entlasten, sondern endlich auch unbezahlte Tätigkeiten wie Ehrenämter, Hausarbeit, Kinderbetreuung, soziales Engagement endlich als sozial wertvoll anerkennen.