Am Anfang des 21. Jahrhunderts

Mittwoch, Juli 25, 2007

Burg Herzberg - Festival 2007

Die Junge Welt (25.07.07) über das diesjährige Burg Herzberg - Festival:

Hippies heute

I am a farmer.« Max Yasgur rief 1969 in Woodstock den Jubel der bildungsbürgerlichen Blumenkraftkinder hervor mit seiner bodenständigen Selbstverortung als der Bauer, der er nun mal war. Auf seinen Feldern stiegen die »drei Tage des Friedens und der Musik«, die in der Hippie-Mythologie als ultimative Utopie verankert sind, trotz Nahrungsmangel und Drogenkranken, Regen und Matsch.
Im Matsch bei Burg Herzberg fahren kräftige Kerle, wohl örtliche Bauern, auf Traktoren rum und verteilen Stroh, damit Alt-, Spät- und Neo-Hippies nicht völlig versinken. Barfuß gehen sie eh schon; wer jetzt keine Gummistiefel hat, ruiniert sich seine Schuhe. Wegfahren unmöglich, die Antriebsräder bunt bemalter Campingbusse drehen leer, Familien-Kombis driften auf bepackte Motorräder zu. Aber das Chaos bleibt in Grenzen; nur Einzelne machen den Max. Die Stimmung ist cool, Mann, mellow, far out.

[...]

Klar ist so ein Festival ein Sonderfall – wer weiß, wie die hier alle im Alltag drauf sind. Auch diesmal wird sich nicht jeder an den Ehrenkodex gehalten haben, der Diebstahl aus unbewachten Nachbarzelten verbietet. Auch diesmal wird es den einen oder anderen Konflikt gegeben haben, der sich nicht gleich mit unaggressiven Kommunikationsstrategien auflösen ließ.
Aber es ist eine Art Übungscamp für alternatives Zusammenleben, ein Trainingslager für die andere, die bessere Welt. Woodstock war mal. Wie utopisch, wie chaotisch, wie un- oder politisch, das müssen die wissen, die dabei waren. Auch der Schlamm von Herzberg fällt von den Füßen, wenn er erst mal trocken ist. Aber irgendwas bleibt hängen. Und das ist zumindest auch politisch.

Dienstag, Juli 10, 2007

Ratzingers Thesen

Viele hatten Joseph Ratzinger / Papst Benedikt XVI. wegen seiner intellektuellen Redlichkeit wenn nicht gerade bewundert, so doch zumindest geschätzt. Es zeigt sich aber zunehmend, dass man es bei Ratzinger vielleicht doch mit einem Wolf im Schafspelz zu tun hat.
Einige vom Papst selbst vorgetragene oder doch zumindest autorisierte Thesen sollen hier festgehalten werden:

1. Der Islam hat nichts Neues oder wenn überhaupt nur Gewalt hervorgebracht.
So der Tenor des berüchtigten Zitats aus der Regensburger Rede Benedikts. Zwar zitierte er hier nur den byzantinischen Kaiser Manuel II., doch Benedikt hätte sich in seiner Funktion als Papst einer solchen Äußerung enthalten müssen.

2. Die lateinamerikanischen Ureinwohner wurden nicht zwangsweise christianisiert.
Dies ist eine glatte und unverschämte Lüge Benedikts, die die grausame Politik der spanischen Conquistadores und ihrer Missionare abstreitet!

3. Nur die katholische Kirche ist eine "Kirche" im eigentlichen Sinne - für Protestanten und Orthodoxe gilt dies nicht.
Dies ist die jüngste von Benedikt autorisierte These. Wer von Protestanten fordert, das Primat des Papstes über alle Christen anzuerkennen, macht Ökumene unmöglich.

Was will Benedikt also? Einen Weg aus der "Diktatur des Relativismus" weisen, indem er das Profil des katholischen Christentums schärft? Er begibt sich jedoch mit der Ausmalung des katholischen Partikularismus zugleich in die Gefahr, den universellen Anspruch seiner Kirche zu verspielen. Möglicherweise will er das aber: Kontraste schärfen statt Homogenität. Damit bringt er alle diejenigen gegen sich auf, die sich von seinem katholischen Club nicht angesprochen fühlen.